Parkähnlich

Aus Spass Immobilienanzeigen gelesen.

Bei Einfamilienhäusern der "gehobenen" Klasse am Stadtrand scheinen die alle voneinander abzuschreiben. Immer hat man auch das Gefühl, dass der Text sich am oberen Rand der intellektuellen Fähigeiten des Verfasser befinden, mit anderen Worten: Man macht auf vornehm, obwohl man eigentlich nur Makler ist, weil man alle Verwandten und Bekannten vorher schon mit Versicherungen versorgt hat und es für "Freier Finanzberater" mangels Ahnung nicht reicht.

Also mal sehen:
"Im wunderschön gelegenen Ortsteil.... nur 25 Minuten bis zur Innenstadt ..." (ja, nachts vielleicht) Seen sind "fussläufig ereichbar", mitunter darf sogar der Hinweis auf einen Golfplatz oder Yachthafen nicht fehlen.

So, Hand hoch, wer hat hier ne Yacht?
Ich zähl mal eben durch... äh... keiner.
Golfspieler?
Nein, tut mir leid, "Hab mal im Urlaub 1998 Minigolf versucht" zählt nicht.

Immer sind Schulen in der Nähe und zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, auch wenn damit eigentlich nur der Nettomarkt und ein Brötchenaufwärmer gemeint sind.

So, jetzt zum Objekt. Dies liegt sehr oft in einem "parkähnlich angelegten Grundstück", gerne mit "herrlichem" Baumbestand. Die Häuser sind überwiegend "sehr schön", selbst wenn auf den Fotos Designverbrechen der frühen 70er oder Langeweilebauten mit grauem Putz aus den 30ern zu erkennen sind. Diese Häuser aus den 30ern sind dann wahlweise "Charmante Altbauklassiker".

Sieht das Haus auch nur ein bischen anders aus als der normale Klotz mit Löchern aka Fenstern drin, heisst es bestimmt "Architekten-Haus" oder häufiger "Architekten-Villa", mindestens aber "architektonisch reizvoll". Wenn es Zimmer gibt, die nicht rechtwinklig sind, dann "besticht der Grundriss durch eine aussergewöhnliche Raumaufteilung" oder es ist gar eine "exclusive Villenkonzeption".

Gut, 160 QM Wohnfläche in 700 QM "parkähnlichem" Garten sind ja sicher nicht ohne, aber Villa?

Ist das Grundstück grösser als ca. 1500 QM, wird es sofort "grosszügig" genannt. Kann man vom Grundstück irgendwie Wasser sehen ("Seeblick") ist's eine "Traumlage".

Wenn das Haus tatsächlich grösser ist, dann handelt es sich um eine "herrschaftliche Villa" in "massivbauweise", gerne auch auf einem "Sonnengrundstück". Im Inneren des Haues geht es meist "grosszügig" zu und mehrere Räume sind "lichtdurchflutet" und gelegentlich "weitläufig".
Sind die Zimmer nicht "weitläufig", also klein, werden sie "gemütlich" genannt.


Die parkänlichen Grundstücke liegen nicht "nahe der xy Strasse" sondern "unweit".

"Das Anwesen befindet sich unweit der Havel"
Es sind meist Parks oder Gewässer die "unweit" sind.

Die Häuser verfügen oft über ein "Entreé" und weil man eigentlich nicht weiss, was das sein soll, steht da netterweise "bzw. Diele" dahinter. Wo wir gerade bei "dahinter" sind: in Häusern ist nix dahinter, sondern wenn man die Abfolge von Räumen beschreiben will, verwendet man Wörter wie "vorgelagert" oder "öffnet sich zum..." oder "gelangt man zu..."

Einbauküchen werden immer stolz mit Fotos präsentiert und sind dann richtig gruselig. Also so RICHTIG gruselig. Falls auf den Fotos Möbel zu sehen sind handelt es sich um "rustikales" Material in dunklen Brauntönen.

Soweit ich das von den Fotos her beurteilen kann, ist vielen Häusern gemein, dass die Deckenhöhe bei 2,50 oder weniger liegt, d.h. ich kann mit der ausgestrecketen Hand die Decke anfassen. Praktisch, wenn man mal eine Lampe anbringen will, weniger praktisch, dass die Lampe dann in Gesichtshöhe hängt.

Dafür kostet die wunderschönen Hauser auf parkähnlichem Grundstück unweit der Havel mit 7,8 % Maklercourtage gerne mal ab 800.000 Euro. Kein Wunder, dass so viele Deppen Makler werden wollen.

Irgendwie macht mich dieser ganze Gruselkram zufrieden: ich vermisse die Millionen Euro gar nicht die ich nicht habe.